|
» Rund um den Bodensee
Allgemeine Bemerkungen:
Die Tour läßt sich natürlich von jedem Ort aus starten,
aber wir wählten Langenargen, da wir hier ein Quartier mit
Autounterstellmöglichkeit für die Zeit der Tour gefunden
hatten. Wir hatten uns in Vorbereitung der Fahrt schon um Quartiere
bemüht, die in der Hauptsache Jugendherbergen sein sollten.
Auf schweizerischem und österreichischem Terrain klappte das
auch sehr gut. Auf deutscher Seite waren sie alle belegt und wir
suchten uns Pensionen am Weg. Die Radwege waren zum größten
Teil gut befahrbar, wenn auch wegen dichten Radelverkehrs und schnellerer,
teils egoistischer, rücksichtsloser Sportradler oft äußerste
Vorsicht geboten ist. In Badeorten und Kurzonen werden die Radler
meist von den Uferzonen weggeführt, aber auch die Ortschaften
sind sehens- und erlebenswert.
Im Jahr 2000 wurde am Bodensee ein Erlebnisticket eingeführt,
das wir nutzten und das uns im gesamten Bodenseebereich und darüberhinaus
im gesamten Appenzell viele Vergünstigungen brachte. Es gilt
länderübergreifend sogar bis Liechtenstein, beinhaltet
z.B. kostenlose Fahrten mit allen Bodenseeschiffen, freien Eintritt
in Museen, Schlösser, Bäder, einige Freizeitparks, kostenlose
Stadtführungen und für uns besonders interessant, auch
alle vier Appenzeller und zwei österreichischeBergseilbahnen.
Insgesamt sind 120 touristische Einrichtungen beteiligt.
Das Ticket gibt es für 3, 7 und 14 Tage. Im Text werden Einrichtungen,
die wir mit dem Ticket besuchten mit einem Stern versehen.
Erster Tag: Langenargen-Ravensburg, 70 km
Bei heißem Bodenseebadewetter starten wir die Hitze verachtend
Richtung Norden, sozusagen landeinwärts, nach Ravensburg. "L.A.",
wie die Langenargener selbstbewußt ihr Städtchen nennen,
ist wirklich im Besitz eines sehenswerten Bezugsobjektes zu Kalifornien:
das tatsächliche Vorbild für die Golden Gate Bridge in
San Francisco steht hier, eine genietete Stahlhängebrücke
über die Argen! An der Argen entlang führt der Weg Richtung
Norden, weiter auf Straßen nach Tettnang und am Ravensburger
Spieleland vorbei nach Ravensburg. Diese Stadt mit ihren Stadtmauerresten
und vielen Türmen in dieser Umfriedung zeigt mittelalterliches
Gepräge. Sie wird beherrscht von der Veitsburg, die einst mächtige
Welfenburg, dem wahrscheinlichen Geburtsort Heinrich des Löwen,
und der mächtigen Benediktinerabtei Weingarten mit ihrer barocken
Basilika, der Grablege der Welfen. Die heiße Augustsonne vertreibt
uns vom menschenleeren, imposanten Klostervorplatz hinab an den
Erfrischung spendenden Brunnen am Fuße des Klosterhügels.
Die Rückfahrt führt uns an der bekannten Ravensburger
Pusselschmiede vorbei ins ruhige Schussental. Wir verfehlen öfters
den schlecht markierten Radweg, gelangen aber trotzdem nach Meckenbeuren
und auf guter Asphaltpiste Richtung Friedrichshafen. In Lochbrücke
durften wir den Talweg nicht verpassen, sonst müssen wir an
der dicht befahrenen B30 entlang nach Friedrichshafen. Leider ist
uns das passiert und wir erreichten das Seeufer nach längerer
Stadtfahrt und pirschten uns dann durch das romantische Naturschutzgebiet
des Eriskircher Rieds auf schmalem Wanderweg (!) Richtung Langenargen
durch. Leider war heute am Sonntag die Zufahrt zum Standbad so hoffnungslos
verstopft, daß wir selbst als "schmale" Radler nicht
ohne weiteres passieren konnten. Schließlich erreichen wir
doch noch trotz unserer ausgegangenen Trinkvorräte das Schlößchen
Montfort und den Italiener am Langenargener Markt, der uns alle
erforderlichen Aufbaustoffe servieren kann.
Zeiter Tag: Langenargen-Insel Mainau und zurück
Am zweiten Tag sollte man nach einer strapaziösen Tour
am Vortag eine Radpause einlegen. Die Nacht über hatte ein
Unwetter den See gepeitscht und die Pappeln im Garten unserer Pension
tanzen lassen. Die Wellen waren über die Uferbefestigung aufgestiegen
wie die Brandung des Meeres und der Sturm hat mächtig am Haus
gerüttelt. Aber jetzt ist es wieder friedlich und es verspricht
ein heißer Tag zu werden. Also kaufen wir uns eine Bodensee-
Erlebniskarte und schiffen* uns ein zur Insel Mainau*- eine besinnliche
Schnuppertour über Friedrichshafen- Immenstaad- Hagnau und
Meersburg, die wir morgen per Rad bewältigen wollen. Die Insel
hält viele Überraschungen bereit und man hat mehr Muße,
als sie für eine Stunde auf der Radtour zu besuchen. Der Tagesausklang
mit der schönen Sicht auf das Säntismassiv über dem
Südufer macht Appetit auf morgen!
Dritter Tag: Langenargen- Mimmenhausen, 48 km
Es hat wieder gewittert und die Temperaturen sind radfreundlicher
geworden. Da wir das Eriskircher Ried schon durchfahren hatten,
können wir jetzt dem ausgeschilderten Bodenseeradweg folgen.
Wir erreichen zuerst den Ort Eriskirch mit einer überdachten
Holzbrücke und der Wallfahrtskirche Mariabrunn gleich dahinter.
Bestimmt erst ein so idyllisches Fleckchen, seitdem die B31 nicht
mehr durch den Ort über die schmale Holzbrücke führt.
Im quirligen Friedrichshafen, das wir entlang der dicht befahrenen
B31 ansteuern, ist der Hafen und das neu gestaltete Zeppelinmuseum*
ein Muß für alle Besucher der Stadt. Eindrucksvoll ist
die neue Schau aus Anlaß des 100. Jubiläum des LZ1 gestaltet
mit Technik zum Anfassen, historischen Filmen in einer Videoshow
und Geschichte um die Zeppeline in einer Unmenge von Bildern und
Modellen. Wer so früh da ist wie wir, hat wenig Gedränge.
Im und vor dem Hafen drängen sich Schiffe mit Hunderten Passagieren,
die da hinein wollen!
Auf der B31 verlassen wir Friedrichshafen, neben ihr passieren
wir die großen Werksgelände der Dornierwerke, die mit
ihren Parks bis an den See reichen. Erst viel später in Immenstaad
gelangen wir auf den Seeweg nach Hagnau, der auch nicht als Radweg
ausgezeichnet ist, mit Picknick am See. Sollen wir am See entlang
den Park genießen oder den Ort durchfahren, der so hübsch
ist? Die Entscheidung fällt hier wie in den Orten zuvor und
danach nicht leicht, aber eine Alternative gibt es nur, will man
nicht zweimal hindurchfahren. Der Weg wird wieder ruhiger.
In Meersburg haben wir Mühe uns durch das Gedränge zu
schieben, stellen die Räder in der Unterstadt ab, um nach oben
zur ältesten deutschen Burganlage* mit dem Dagobertturm* (Dagobert
der Merowinger!) zu steigen. Auch das Neue Schloß* kann besucht
werden mit Galerie* und Klosterkirche*.
Am späten Nachmittag besuchen wir noch das Pfahlbaumuseum*
Unteruhldingen, wo stein- und bronzezeitliches Leben und viel handwerkliches
Gewerbe dargestellt ist. Da wir nicht am See selbst übernachten
wollen, suchen wir uns ein preiswerteres Hotel landeinwärts,
leider auch bergaufwärts. Einige Gasthöfe am Weg sind
nicht mehr bewirtschaftet und so gelangen wir bis Mimmenhausen,
wo wir ein hübsches Quartier finden. In der Abendsonne radeln
wir noch zur nahen, großräumigen Schloßanlage Salem,
wo wir aber nur einen geöffneten freundlichen Weinkeller finden,
um uns für den Abend zu laben.
Vierter Tag: Mimmenhausen- Konstanz / Kreuzlingen, 62 km
Aus dem ständigen Klang des Geläutes der gegenüberliegenden
Kirche schließen wir, in einem katholischen Gebiet übernachtet
zu haben. Über Schloß Salem*, das wir aus Zeitgründen
leider nicht besuchen können, denn es öffnet erst später
seine Pforten, gelangen wir durch liebliche Wälder zum Affenberg*
von Salem. Das ist ein großes Freigehege im Wald für
ein paar hundert Berberaffen, die man ähnlich wie bei einer
Safari vom Wege aus füttern kann und darf, es wird extra jedem
Besucher ein Handvoll Popcorns gereicht, die man Stück für
Stück den drolligen Gesellen anbietet. Auf einem breiten Waldweg,
dem Prälatenweg, sind wir bald mitten in den Weinbergen der
Wallfahrtskirche Birnau, die hoch über dem See thront und einen
herrlichen Rundblick über den See und sein alpenländisches
Panorama gewährt. Bei einem zufälligen Blick nach oben
sehen wir den Prototyp des neuen Zeppelin den "Zeppelin NT"
über unseren Köpfen fliegen, der in diesem Jahr schon
PR-Flüge nach Frankfurt, zum Nürburgring und zur Expo
nach Hannover absolviert hat.
Am Ufer des Überlinger Sees radeln wir auf ruhigen Wegen über
Überlingen, Sipplingen und Ludwigshafen nach Bodman. Um den
Aufstieg zum Bodanrücken zu vermeiden, nutzen wir den eigentlich
gesperrten Weg am Seeufer entlang zur Marienschlucht, ein idyllisches
Plätzchen mit Bewirtung für ein Picknick. Um ein Drehkreuz
herum muß man sich nun mehr schiebend als fahrend den Weg
am Ufer entlang bahnen, aber zum Umkehren war es zu spät. Schließlich
mußten wir doch noch auf Umwegen den Bodanrücken erklimmen,
denn der Ausgang des Weges in Wallhausen war gänzlich unpassierbar
für Räder mit oder ohne Gepäck! Eine steile Abfahrt
und ein kühles Bier im Strandbad von Wallhausen belohnt uns
für die Mühen! An der auch von der Landseite stark besuchten
Insel Mainau können wir beruhigt vorbeifahren, denn wir haben
sie ja schon per Schiff in aller Ruhe genossen. Über Allmannshausen
fahren wir in Konstanz ein, überqueren den Rhein, der hier
gleichzeitig der Abfluß des Bodensees ist, passieren in den
ehemaligen Hafenanlagen einen Personengrenzübergang und finden
unsere Jugendherberge in einem Schlößchen am See in Kreuzlingen.
Der Abend gehört nach dem Abruhen der alten Reichsstadt Konstanz
und den von der großen drehbaren "Hafenhure", wie
man die vollbusige moderne Imperiastatue hier ketzerisch nennt,
überschatteten dicht bevölkerten Hafen- und Parkanlagen.
Fünfter Tag: Kreuzlingen - Böhringen, 46 km
Nach dem Frühstück im Schloß fahren wir bei
blauem Himmel zurück nach Deutschland und über den Rhein
in Richtung Insel Reichenau. Auf dem letzten eindrucksvollen Stück
der deutschen Alleenstraße, die von Rügen quer durch
Deutschland bis hierher führt, steht unter den großen
Pappeln am Eingang zur Insel das Denkmal für den Heiligen Pirmin,
der hier eine der ersten Christianisierungszellen des Abendlandes
schuf. Die Klöster und Kirchen der Insel Ober-, Mittel- und
Niederzell sind Zeugen dieser Vergangenheit. Natürlich hatte
der Heilige damals schon das gute Klima erkannt, als er sich hier
niederließ, da konnte man leben und arbeiten! Heute gibt es
hier intensiven Obst- und Gemüseanbau, wenn auch die nunmehr
riesigen Gewächshausanlagen einen herben Eindruck von Gewinnsucht
auf Kosten der Natürlichkeit der Produkte hinterlassen. Die
frisch geräucherten Bodensee-Felchen der Fischer hingegen ließen
den eher negativen Eindruck etwas verblassen und solch ein Fischchen
mußte zum Mittagspicknick mit in die Packtasche. Wieder zurück
auf dem "Festland", die Reichenau ist ja mit einem künstlichen
Damm damit verbunden, wenden wir uns auf ruhigen Wegen, durch ebenso
ruhige Ortschaften, Radolfzell zu, wieder eine Gründung eines
Mönches namens Radolf. Die Stadt selbst ist modern und laut,
aber nach längerem Suchen fanden wir dann die einzige Unterführung
unter den Bahngleisen hindurch, die die Stadt von den herrlichen
Parkanlagen an Hafen und Strand abschottet. Eine solch verkehrstechnisch
dominierende Lösung der Bahnanlagen kenne ich bis jetzt nur
aus dem norwegischen Trondheim, wo man das Wasser des Fjordes hinter
den höher liegenden Gleisen nur erahnen kann. Einen Vorteil
erkannten wir schließlich, daß kaum ein Auto unsere
beschauliche Fahrt über die Halbinsel Mettnau, das mondäne
Kur- und Bäderviertel des Bodenseeraumes störte. Da uns
es nicht zusagte hier zu übernachten, verließen wir die
Stadt Richtung Singen, das wir am nächsten Tag sowieso besuchen
wollten. In Böhringen an der Straße nahm uns ein hübscher
kleiner Gasthof mit familiärer Bewirtung auf. Den herrlichen
Sommerabend verbrachten wir aber doch noch auf der sonnenüberfluteten
Mole von Radolfzell.
Sechster Tag: Böhringen- Stein am Rhein, 48 km
Es ist wieder sonnig warm und wir starten nach gutem Frühstück
an der B33 entlang nach Singen. Die Vulkankegel des Hegau mit ihrem
größten, auf dem die auch größte deutsche
Festung liegt, rücken langsam näher. Wir besuchen die
Landesgartenschau* am Fuße dieser Festung Hohentwiel* und
verbringen dort die Morgenstunden Für einen Aufstieg zur Festung
verbleibt keine Zeit und der Train*, der uns hinaufbringen könnte,
verkehrt erst nach Mittag. Den Eiscnbahnknotenpunkt Singen und riesige
Gewerbegebiete verlassen wir südwärts nach Rielasingen,
wo wir wieder frei durchatmen können und wenden uns auf schönem
Radweg wieder dem Bodensee, genauer gesagt, dem Zeller See, einem
Teil des Untersees zu. Ein äußerst ruhige Fahrt schließt
sich um die Halbinsel Höri an, denn hier gibt es kaum Durchgangsverkehr.
Reine Erhol- und Kurorte liegen an landschaftlich reizvoller Küste,
die auch mehrere bedeutende Künstler einst in ihren Bann zog.
Da es mittlerweile wieder sehr heiß geworden ist, sollen an
dieser Stelle einmal die in den meisten Bodenseeorten stehenden
Trinkwasserbrunnen gewürdigt werden, an denen sich nicht nur
der erhitzte Radler erfrischen, laben und seine Trinkwasservorräte
auffrischen kann. Kurz vor Stein passieren wir beinahe unbemerkt
zum ersten Mal die schweizerische Grenze und beziehen Quartier in
der hinter dem Ort liegenden einfachen aber hübschen Jugendherberge
am Fuße der Festung Hohenklingen. Selbst die Autos scheinen
hier seltener zu fahren! Der Rhein hat sich hier wieder zu einem
Fluß zusammendrängen lassen, es gibt wieder ein anderes
Ufer und eine alte Steinbrücke hinüber, die die mittelalterlichen
Stadtteile verbindet. Der "Steiner Beerli", ein hiesiger
Wein, schmeckt bei diesem Anblick besonders gut! An der Schiffsanlegestelle
sieht man noch die Marken vom Vierwochen-Hochwasser des vergangenen
Jahres.
Siebenter Tag: Stein am Rhein - Schaffhausen und zurück,
66 km
Heute geht's mit leichtem Tagesgepäck auf die Tour, denn
wir kommen hierher zurück. Wir wechseln bis Schaffhausen mehrere
Male die unsichtbare Grenze zwischen der Schweiz und Deutschland,
da hier einst die altösterreichische Exklave Büsingen
bestanden hat, die nur über den Rhein zu erreichen war und
jetzt zu Deutschland gehört. Im schweizerischen Gebiet treffen
wir am Radweg auf einen freien Grillplatz, an dem Holz gestapelt
liegt und man sich jederzeit ein mitgebrachtes Steak zubereiten
kann, vorausgesetzt man hat Feurstein und Zunder dabei. Eine nette
Einrichtung schwyzer Gastlichkeit, finden wir. In Schaffhausen treffen
wir auf ein Altstadtfest - na, man kennt solche Feste, sie sind
nicht anders hier als in Deutschland - also nichts wie durch und
hinauf auf die Festung Munot, von wo aus wir einen herrlichen Rundblick
haben und diesen mit wenigen anderen Leuten genießen können.
Beim Abstieg durch den Weinberg gelangen wir in ein altes Viertel
der Stadt und zwängen uns nun wieder mit den Rädern durchs
sonntägliche Festgewimmel Richtung Rheinfall. Schloß
Laufen am anderen Rheinufer per Rad zu erreichen, ist ein wahrer
Gewinn, denn es geschieht abseits der Touristenströme, die
den Wasserfall sehen und erleben wollen. Wir erleben ihn auch an
der Galerie, wo es über und um uns herum sprüht und tost.
Was wird wohl im letzten Jahr beim Bodensee-Hochwasser hier los
gewesen sein! Wir verkneifen uns die Bootsfahrt zum Felsenriff im
Wasserfall und wenden uns weiter rheinabwärts nach Rheinau
zu, wo wir eigentlich ein Inselkloster der iro-schottischen Missionierung
Mitteleuropas vorfinden wollten. Auf der Rheininsel steht wirklich
eine mächtige barockisierte Wallfahrtskirche mit Klosteranlage,
aber unser gesuchtes ist es nicht. Das steht, wie wir erfahren,
etwas weiter abwärts in Bad Säckingen. Na denn ein ander
Mal!
An der überdachten hölzernen Rheinbrücke überrascht
uns plötzlich ein Autostau auf schmaler Gasse und mitten in
der Brücke der Zoll. Wir fahren wieder nach Deutschland ein.
Ein kurzer Anstieg und eine Abfahrt und wir verlassen Deutschland
schon wieder auf der Rückfahrt nach Schaffhausen. Noch ein
Blick von einer Aussichtsterrasse auf den Wasserfall und wir müssen
an belebter Straße zur Rheinbrücke, um auf das andere
Ufer zu kommen. Erst kurz vor Diessenhofen gibt es wieder ruhige
Radwege. Hier steht auch eine überdachte Holzbrücke und
ebenso ein Grenzübergang, der heute am Sonntagabend sein Zollhäuschen
gerade schließt. Jetzt ist also Zeit für Grenzgänger
mit heißer Ware! - Wir bleiben aber auf schweizerischem Ufer
und steuern ein hübsch am Hang gelegenes, alleinstehendes Gasthaus
an, das besonders gern besucht wird, denn es ist fast voll belegt
bzw. die Tische sind reserviert. Ein schöner sonniger Sommerabend
geht bei einem guten Tropfen zur Pizza auf lauschiger Terrasse zur
Neige. Bis Stein sind es nur noch 10 km auf ruhiger Straße,
also keine Gefahr!
Achter Tag: Stein am Rhein - Romanshorn, 52 km
Heute früh ist es regnerisch und das Rheintal liegt in
starkem Dunst. An der Schiffslände können wir uns gerade
noch einstellen während ein zweistündiger heftiger Regenguß
hernieder geht. Als der Regen nachläßt, überqueren
wir den Rhein auf steinerner Brücke und fahren auf gutem Radweg
über Steckborn, Ermatingen, Kreuzlingen und Münsterlingen
nach Romanshorn. Der Weg führt immer an der Bahn entlang, leider
nie am Ufer und ist somit auch nicht weiter erwähnenswert.
Die Jugendherberge in Romanshorn ist sehr streng geführt, nicht
nur, daß sie erst pünktlich 18.00 Uhr öffnet, nein,
sie hängt voller Anweisungen und strenger Verbote, ist zudem
eine moderne Kaserne ohne Fenster, nur mit mangelnder Belüftung
durch Dachöffnungen, der Herbergsvater ein ausgedienter chauvinistischer
schwyzer Soldat.
Neunter Tag: Romanshorn- Hard, 46 km
Nach beklemmender Nachtruhe verlassen wir bei schönerem
Wetter als gestern, ohne erst das Frühstück abzuwarten,
die ungastliche Stätte. Montags gibt es aber auch in der Schweiz
keine offenen Bäckereien, nur Kekse bei Spar und wir folgen
wieder der Eisenbahn, der stark befahrenen Bodenseestrecke, nach
Arbon, Rorschach und Rheineck. Dichter Verkehr begleitet uns bis
zum Grenzübergang in St.Margarethen am Rheindelta, wo der Rhein
sein gesamtes Geröll des Gebirges seit Jahrmillionen abgelagert
und eine weite fruchtbare Ebene geschaffen hat, in der sogar ein
Flughafen Platz findet. Die Ebene weitet sich und der Radweg findet
wieder Platz in freier Landschaft um Höchst und über die
Rheinbrücke nach Lustenau. Die Dornbirner Ache hat sich parallel
zum Rhein ein Flußbett gegraben und auf ihrem ruhigen Damm
erreichen wir das Städtchen Hard. Wir genießen die Ruhe
des weiten flachen Geländes am See und besuchen am Abend noch
das in seinem Heimathafen liegende letzte Bodensee-Dampfschiff,
die "Hohentwiel". Leider konnten wir sie nicht in Aktion
bewundern, da sie nur gelegentlich zu Salonfahrten unterwegs ist.
In der Jugendherberge, die in einem Sportzentrum untergebracht ist,
hörten wir ständig das Klopfen von Schnitzeln aus der
Gaststätte herauf, so daß uns nichts anderes übrigblieb,
als am Schmaus teilzunehmen.
Zehnter Tag: Hard - Bregenz und zurück, 45 km
Nach zwei relativ erlebnisarmen Tagen am Südufer des Bodensees
nähern wir uns heute gewissermaßen dem Höhepunkt
der Tour, dem Festspielort Bregenz mit seinem südländischen
Flair und seiner Aussichtsterrasse, dem Pfänder. Der Radweg
führt zunächst durch dichtes Ufergehölz über
die Bregenzer Ach zum Kloster Mehrerau, dann in dichterem Stadtverkehr
abseits der Straßen zur Seebühne, wo kürzlich erst
die Spielzeit mit Verdis Maskenball zu Ende gegangen ist. Das Bühnenbild
mit seinem überdimensionalen Todesgerippe ist noch nicht abgebaut.
Aber wir müssen uns beeilen, daß wir bis 10°°
Uhr die Pfänderbahn* erreichen, die bis zu dieser Zeit noch
kostenlos die Fahrräder mit hinauf nimmt. Wenn man nicht gerade
in eine dichte Schar Senioren gerät, die selbst da hinauf wollen,
ist das auch kein Problem. Auf der Höhe des Pfänders,
fast 700 m über dem Seespiegel hat man eine herrliche Sicht
über den gesamtem See. Ein gepflegtes, geräumiges Wildgehege,
eine Adlerwarte mit Vorführungen und die eigentliche Gipfelgaststätte
mit Aussichtsterrasse laden zum Verweilen ein. Ein Kammradweg führt
über die Almen des Bregenzer Waldes zu den Milchbauern und
Käsereien des Gebirges, von denen einige mit Wirtschaften aufwarten,
in denen der ausgereifte Käse zu Wein und Bier gereicht wird.
Die Abfahrt über Eichenberg und die Serpentinen nach Lochau
hinab ist nur mit guten Bremsen anzuraten, da es auf dieser "Rennstrecke"
auch verrückte Autofahrer gibt! Der Uferradweg bringt uns sicher
zwischen der Fernstraße nach Deutschland, der Bahn und dem
See wieder in die Stadt zurück, die einen Bummel vor allem
in die befestigte Altstadt wert ist. Der Abend ist so schön,
daß wir noch einmal unser Ticket nutzen und mit der Seilbahn
hinauf fahren, um oben den Abend auf luftiger Terrasse bei einem
Schöppchen Wein zu genießen, bevor wir die Talfahrt und
den Rückweg antreten.
Elfter Tag: Hard - Langenargen, 42 km
Heute schließt sich der Kreis und wir fahren nach Langenargen
zurück. Den schönen Radweg nach Bregenz kennen wir nun
schon und ab Lochau geht es auf ruhigen Wegen nach Lindau, wo ein
Stadtbummel wohl Pflicht ist. Die Inselstadt ist weitestgehend vom
Verkehr frei. Die Löwenmole, der Mang-Turm, das touristische
Gewimmel am Hafen und in der Stadt mit seinem reich bemalten Rathaus,
seinen schmalen alten Gäßchen und den Geschäften
mit dem kleinen Plunder, der den bummelnden Urlauber animiert, sind
schon erlebenswert. Wasserburg, Nonnenhorn und Kressborn sind hübsche
Badeorte, die nahtlos ineinander übergehen, allerdings kaum
Platz für eine Radpause am Wasser lassen, da der Strand vorwiegend
in Privatbesitz ist. Wir finden erst ein Picknickplätzchen
in einem Strandbad, das wir allerdings mit unserem Ticket gratis
betreten dürfen. Als wir unser Auto wohlbehalten vorfinden,
fallen die ersten Regentropfen. Die Saison ist nun wohl endgültig
vorbei. Eine Pizza beim Italiener zum Abschied und die Fahrräder
auf dem Dach des Autos befestigt, verlassen wir mit einem letzten
Blick auf den regengetrübten See das Städtchen.
Ursula & Gerald Hummel, Niederwiesa bei Chemnitz
« zurück zur Übersicht
| nach oben
|