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» Eine kulturhistorische Radtour durch Franken
Erster Tag: Anreise per Bahn nach Nürnberg und 15 km per
Rad nach Wendelstein
Nachdem wir im Interregio- Fahrradabteil (Kapazität ca. acht
Fahrräder) von Marktredwitz kommend das romantische Pegnitztal
durchfahren haben, erreichen wir den Nürnberger Hauptbahnhof.
Entweder man fährt jetzt mit U-Bahn Linie 1 bis Messezentrum
(Fahrräder werden mitgenommen), wenn man nicht die Stadtdurchfahrung
wählen will, oder man tritt aus der Bahnhofshalle heraus und
fährt gleich rechts ohne den Bahnhofsplatz zu überqueren
bis zur zweiten Brücke unter der Eisenbahn hindurch, den Marientunnel,
in die Regensburger Str., weiter Hainstr. und Münchner Str.
auf Radwegen ebenfalls Richtung Messezentrum.
Von hier weiter die Münchner Straße bis zum Frankenzentrum
vor der Autobahnauffahrt Zollhaus und rechts ab den Radweg Richtung
Steinbrüchel, dort führt der Wanderweg (für Radfahrer
geeignet) mit Markierung gelber Strich die Schwanstetter Straße
und weiter die A6 kreuzend durch ruhiges Waldgebiet nach Wendelstein.
In Wendelstein, einer wendischen Gründung kreuzen wir als
erstes den ehemaligen Ludwig- Donau- Main- Kanal bevor wir in das
Städtchen einfahren. Gegenüber dem alten Renaissance-Rathaus
kann die Pension Cafe Enßer zur Übernachtung empfohlen
werden. Sehenswert ist die noch zu erkennende Anlage der Kirchenburg
(ev. Kirche), die zur Wohnanlage umgestaltete alte Fachwerk-Mühle
an der Schwarzach, die bei Schwabach etwas weiter westlich in die
Rednitz mündet und der bereits erwähnte hier noch erhaltene
Ludwigkanal aus der Mitte des 19.Jhd.
Zweiter Tag: von Wendelstein nach Pleinfeld 53 km
Nach ruhiger Nacht im Hause der letzten richtigen Bäckerei
am Ort erwachen wir mit dem angenehmen Geruch frisch gebackener
Brötchen und verlassen frühstücksgestärkt das
hübsche Städtchen aufwärts in Richtung Süden
auf dem Radweg Richtung Brombachsee. In Rednitzhembach wird zum
ersten Mal der neue 1992 eingeweihte Rhein-Main-Donau-Kanal gekreuzt
bevor wir in das Rednitztal aufwärts einbiegen. Bis Roth müssen
wir ein Stück Landstraße fahren, aber es lohnt sich,
denn in Roth ist ein interessantes Stück Geschichte im Schloß
Ratibor zu erleben. Das Museum ist nur sa. und so. von 13-16.00
geöffnet. Die Rednitz weiter aufwärts geht es bis Georgengmünd,
hier bilden der fränkische und der schwäbische Rezat die
Rednitz, und wir fahren Richtung Süden weiter den schwäbischen
Rezat aufwärts über Mühlstetten nach Pleinfeld auf
ruhiger Straße an sieben Mühlen vorbei und können
in Pleinfeld dieses Mal in einer Metzgerei gleich neben der Kirche
eine preiswerte Übernachtung mit guter Küche finden.
Eine Alternative zu dieser Route besteht in dem genannten Brombachradweg,
dem wir von Rednitzhembach in gut ausgeschilderter Weise folgen
können, um dem neu angelegten Wasserspeicher des Altmühl-Main-Überleitersystems
einen Besuch abzustatten. Selbst in seinem noch im Bau befindlichen
Zustand ist er schon ein Wassersport- und Vogelparadies ersten Ranges.
Am Nordufer entlang erreichen wir den Staudamm an dem wir das genannte
Überleitersystem auf einer Tafel anschaulich erläutert
bekommen. Über den Staudamm hinweg fahren wir nach wenigen
Kilometern durch sein Westtor in der erhaltenen Stadtmauer in das
Städtchen Pleinfeld ein.
Dritter Tag: von Pleinfeld nach Treuchtlingen ca 20 km
Heute geht es immer noch weiter am Rezat "aufwärts"
zur europäischen Wasserscheide. Doch vorher gibt es noch einige
interessante Sehenswürdigkeiten zu passieren. Da ist zuerst
zwischen Pleinfeld und Ellingen auf einer kleinen Anhöhe am
Wegrand ein nicht näher bezeichneter Findling aufgestellt,
der die Passage des Limes und zwar des rätischen, sogenannten
"trockenen Limes", den Grenzwall der Römer aus dem
2./3. Jhd. markiert. Ab jetzt kann man Hinweise auf ehemalige Kastelle,
Heeresstraßen und Befestigungstürme der einstigen befestigten
römischen Grenzlinie erwarten. Bereits in Ellingen, einer Hochburg
des Deutschen Ordens, liegt westlich auf einer Anhöhe Richtung
Höttingen das Kastell Sablonetum, ein nach standardisierter
Vorlage errichtetes Verteidigungsfort für römische Kohorten
gegen die germanischen "Barbaren". Natürlich sind
nur noch Mauerreste der gesamten Anlage vorhanden, aber man kann
die Ausmaße der Anlage erfassen und auf Anzeigetafeln die
Historie der römischen Besatzungszeit erfahren. In Ellingen
selbst, das man durch das erhaltene mittelalterliche Pleinfelder
Tor erreicht, findet man eine große Anzahl barocker Wohn-
und Verwaltungsbauten, ein Rokoko- Rathaus und als markanteste Anlage
das Deutsch-Ordens-Residenzschloß als ehemaligen Hauptsitz
des Ordens in der Ballei Franken. Hier kann das Schloß besichtigt
werden, bei dem man reichlich Informationen über den Deutschen
Orden und seine Tätigkeit im frühen Mittelalter in Ost-
und Mitteleuropa erhält und ein reichhaltiges Museum der Kultur
Ostpreußens. Kurz vor dem Ortsausgang Richtung Weißenburg
lohnt noch der Besuch der Kirche des Ordens mit wiederum hohem musealen
Wert. Bevor man das einst bedeutende Städtchen Richtung Weißenburg
verläßt, sollte man den Rückblick auf die große
ummauerte Anlage nicht versäumen.
Drei Kilometer weiter nach Süden erreichen wir Weißenburg,
das als ehemaliger karolingischer Königshof und später
als freie Reichsstadt größere Bedeutung besaß,
wenn auch Siedlungsreste wieder in die Römerzeit zurückreichen
- in der unüberbaut erhaltenen Freifläche des Kohorten-Kastells
Biriciana, dessen Nordtor auf dem strategisch günstigen Hochplateau
westlich der Altstadt rekonstruiert wurde. Die typisch quadratische
Grundfläche dieser Kastelle ist deutlich erkennbar und etwa
dreihundert Meter weiter westwärts besuchen wir das "Bäderviertel"
der alten Römer - eine überdachte, museal betreute Grabungsanlage
der Haupttherme und im Umfeld weitere Badeanlagen für das "Fußvolk"
der "italischen" Legion, die hier ihren Grenzschutzdienst
zu versehen hatte.
Weißenburg selbst besitzt des weiteren ein römisches
Museum und einen gut erhaltenen Stadtkern mit fast vollständiger
Stadtmauer mit 38 Türmen und dem romantischen Ellinger Stadttor,
durch das wir in die Stadt einfahren. Wer noch nicht genug Historie
erlebt hat, kann noch zur Wülzburg aufsteigen, die als eine
der größten Renaissancefestungsbauten Europas zählt
und von den brandenburg- ansbachischen Fürsten auf älterer
Anlage gebaut wurde.
Auf der Weiterfahrt wählen wir den Weg vom Kastell Biriciana
an der ICE- Ausbaustrecke nach München entlang, wo wir nach
etwa 6 km die erwähnte Wasserscheide erreichen. Hier ist ein
origineller Brunnen aufgestellt, dessen Pumpwasser auf der einen
Seite in Richtung Altmühl - Donau - Schwarzes Meer und auf
der anderen in Richtung Rezat - Rednitz - Regnitz - Main - Rhein
- Nordsee abfließt. Gleichzeitig befindet man sich hier an
der historischen Stelle, wo einst - nämlich im Jahre 793 -
Karl der Große schon einmal eine Verbindung der beiden Wassersysteme
zwischen Rezat und Altmühl bauen lassen wollte. So steht es
am Bahnwärterhäuschen nebenan geschrieben. Er wählte
die Stelle, wo sich beide Flußsysteme bis auf drei Kilometer
annähern, und ließ die heute nach ihm benannte "fossa
carolina" anlegen, zwei fertiggestellte Kilometer dieses Karlsgrabens,
den man heute noch sehen und bestaunen kann. Im Orte Graben stehen
Informationssäulen, die die Historie der nunmehr drei Kanalsysteme
anschaulich darstellen.
Nach dieser Fülle von kulturhistorischen Denkmalen erreichen
wir das Altmühltal im ruhigen Städtchen Treuchtlingen.
Nicht die zwanzig Kilometer des heutigen Tages, sondern die vielen
Eindrücke haben uns ermüdet, und wir suchen uns eine Unterkunft
im Städtchen, das wir gegen Abend noch etwas zu Fuß durchstreifen
können oder dem neuen Thermalbad einen Besuch abstatten. Wir
haben das Fränkische Jura erreicht und finden auf Schritt und
Tritt den weißgelblichen Kalkstein dieser Region, ob nun als
vorzüglichen Schotter für den Radweg oder als Bau- und
Ziermaterial an und in den Häusern, Gaststätten und Kirchen.
Selbst als Dachdeckungsmaterial liegt der schiefrige Kalkstein auf
den flachen, stumpfwinkligen Dächern der Jurahäuser, die
man jetzt häufiger antrifft, als die für Franken so typischen
Fachwerkhäuser. An den Wander- und Radwegen oder sonstigen
touristischen Informationstafeln finden wir jetzt oft das Ammoniten
- Symbol, das den Naturpark Altmühltal - den größten
Naturpark Deutschlands - kennzeichnet und uns auf den folgenden
Etappen immer wieder begegnen wird.
Vierter Tag: von Treuchtlingen nach Eichstätt ca. 50 km
Heute begeben wir uns auf dem Altmühlradweg in den romantischen
Teil des Tales hinein, das hier enger und windungsreicher wird.
Die Bahnlinie und die Straße auf dem anderen Ufer sind nicht
dicht befahren und der Weg führt in unmittelbarer Flußnähe
entlang, wo wir Paddlern begegnen, die am Campingplatz in Pappenheim
auf das Rad umsteigen und ihre Boote den entgegenkommenden Radfahrern
überlassen. Eine schöne Form des sanften Tourismus! -
Und General Blücher ". kannte seine Pappenheimer."
, die hier aus der wilden Burgruine stammten! - Im nächsten
größeren Ort Solnhofen sind wir am Ort der großen
Jurakalksteinbrüche, in denen so besonders viele und gut erhaltene
Relikte an versteinerten Lebewesen des Jura, wie Ammoniten, kleineren
Flugsaurier und ähnlichen urtümlichen Getiers gefunden
werden. Die Bedeutung des Solnhofener Kalksteins und die Konservierungsmethode
der "Verkalkung" wird im Juramuseum am Bahnhof, wo der
nunmehr sechste Fund eines Urvogels, des Archeopteryx, zu bewundern
ist, ebenso verständlich gemacht, wie in einem Kiosk gegenüber
gegen bare Münze, wo man unter anderem sich auch einen Hammer
zum Steineklopfen im Steinbruch ausleihen kann. Besonders auffallend
ist die waagerechte Schichtung des Kalksteins am Talhang, dessen
Sedimentcharakter darin zum Ausdruck kommt.
Die engen Windungen des Tals machen diesen Teil der Altmühl
zum schönsten Abschnitt der Tour. Immer wieder treten Dolomit-Kalksteinfelsen
aus dem Flußhang hervor. In Dollnstein sind in einer Burganlage
aus Kalkstein Wohnhäuser eingebaut bzw. Turm- und Maueranlagen
bewohnbar gemacht worden. Ein recht mittelalterliches Gepräge
dieses gastfreundlichen und ruhigen Ortes kommt außerdem in
einer Stadtmauer mit einigen erhaltenen Stadttoren zum Ausdruck.
Das wildromantische Tal zieht sich bis Eichstätt hin, das
sich schon durch eine große Klosteranlage in einem kleineren
Vorort ankündigt, über einer Talweitung rechtsseitig sich
eine riesige Burganlage- die Willibaldsburg- erhebt und nach einer
Rechtsbiegung des Flusses sich endlich auch der Blick auf die Bischofsstadt
öffnet, in der kirchliche Bauten - der Dom, die Jesuitenkirche
mit ihrer großräumigen Bildungseinrichtung, Klöster
verschiedener Orden und die fürstbischöfliche Residenz
- dicht gedrängt im Wechsel mit barocken Wohn- und Verwaltungseinrichtungen
den Stadtkern bilden. Wir beziehen Quartier im "Trompeter"
in der Innenstadt, um uns nach einer Dusche und einer Erfrischung
in die Fülle an Architektur zu stürzen, die dem Altmühlradweg
nicht umsonst den Beinamen "Tour de Baroque" verliehen
hat, reich an religiöser Historie und lebendigem Flair, denn
die katholische Universität als einzige deutschsprachige Bildungseinrichtung
dieser Art, das Jesuitencollege, ein Priesterseminar und eine Musikschule
im Dominikaner-Kloster sorgen für reges Geistesleben in diesem
herrlich gelegenen Städtchen. Ein Aufstieg entweder zur Willibaldsburg
oder am gegenüberliegenden Hang der barocken Asam-Kirche lohnt
sich nicht nur wegen des schönen Blickes auf die Stadt. Die
Abendandacht im katholischen Eichstätter Dom - einer katholischen
Diözese im sonst evangelischen Franken - rundet den erlebnisreichenTag
auf beruhigende Weise ab. An das Läuten der Kirchenuhren nacheinander
zu jeder Viertelstunde und besonders zur vollen Stunde hat man sich
jetzt hoffentlich schon gewöhnt, sonst ist man zum lautstarken
Sechs-Uhr-In-der Früh-Läuten nicht ausgeschlafen genug!
Fünfter Tag: Von Eichstätt nach Beilngries 56 km
An der Mauer des Jesuitencolleges entlang finden wir den Radweg
durch die Altmühlwiesen. Noch lang kann man sich auf dem Radweg
umschauen und sieht immer noch den Dom und die Burg herausragen,
bevor einem wieder die Natürlichkeit der Landschaft bewußt
wird, wenn man den Hinweis auf den Feuchtgebietslehrpfad Landershofen
- Pfünz zu beiden Seiten des Flusses entdeckt. Trockentalbildungen
und Feuchtgebietsvegetation werden erläutert mit ihren Auswirkungen
auf pflanzliches und tierisches Leben. Der Graureiher steht in der
Wiese oder im Stillwasser des Flusses. Er ist scheu und fliegt auf,
wenn er Bewegung bemerkt. Eine unter Denkmalschutz stehende Steinbrücke
in Pfünz bezeichnet die alte Römerstraße, die hier
im Hinterland des Limes die Truppenbewegungen und Versorgungsnachschübe
ermöglichte und zum Römerkastell Vetonianis führt,
das hier in Pfünz zu besichtigen ist. Ein Wanderwegweiser an
der Almos-Mühle im Tal weiter abwärts vermerkt, daß
wir uns jetzt auch auf dem Europäischen Fernwanderweg E8 (Nordsee-
Rhein- Main- Donau- Karpaten) befinden. Vor der Mühle am Kalksteinfelsen
treten einige Karstquellen aus dem Boden, die als Naturdenkmal markiert
sind. In der Mühle gibt es preiswertere und ruhigere Unterkünfte
als in Eichstätt. - Am Südufer erhebt sich weiter abwärts
die Burgruine Arnsberg und noch weiter steht in der Wiesenaue auf
dem gegenüberliegenden Ufer ein weiß leuchtendes Kirchlein
mit weißer Umfassungsmauer. Der Abstecher lohnt sich, denn
man befindet sich auf dem Grund und Boden des Römerkastells
Böhming.
Der Belag des Radweges besteht jetzt fast durchgängig aus feingeschottertem
Kalkstein, der sich ausgezeichnet befahren läßt und landschaftstypischer
als die sterile Asphaltbahn ist. Kurz darauf treffen wir in Kipfenberg
wieder auf einen Markierungsstein des Limes, der hier die Altmühl
kreuzte und über hohe Felsklippen aufwärts der Donau zustrebte.
Im weiteren Verlauf hört man lautstark die Autobahn A9 sich
am Hang auf dem anderen Ufer emporwindend. In Ilbling verweist eine
Hinweistafel wieder auf prähistorisches Gelände, eine
Vorzeitfestung aus der Urnenfelderzeit, die Schellenburg auf dem
Bergrücken an der Mündung der Schwarzach in die Altmühl.
Auf altem Bahndamm unterqueren wir zügig die Autobahn, um wieder
ruhigeres Terrain zu erreichen und schon lädt uns in Kinding
eine leuchtend weiß getünchte Kirchenburg mit drei Befestigungstürmen
mitten in einem hübschen kleinen "Dolomitenstädtchen"
zum Besuch ein. Das Tal der Altmühl weitet sich jetzt nach
Beilngries zu, wo wir dem heutigen Etappenziel zustreben und im
altstädtischen Stadtkern in der Metzgerei oder im Stadtcafé
Quartier beziehen.
Nach einer Erholungspause und einem Duschbad können wir das
Altstadtcafé im Wiener Stil besuchen und anschließend
noch zum Schloß Hirschberg aufsteigen, das zwar nicht zu besichtigen
ist, da es eine Bildungseinrichtung der Diözese Eichstätt
ist, aber trotzdem lohnt sich der Besuch des Schloßhofes mit
seinen romanischen hochaufragenden Wehrtürmen am Eingang und
wegen eines Aussichtspunktes oberhalb des Schlosses auf das Altmühltal.
Sechster Tag: von Beilngies nach Kelheim 47 km
Heute wollen wir die Donau bei Kelheim erreichen und fahren das
sich weitende Altmühltal auf dem Südufer entlang durch
die Flußauen, wo wir wieder Reiher und Schwäne beobachten
können. Nach wenigen Kilometern erreichen wir auf dem verfüllten
Graben des letzten Stückes des Ludwigkanals den neuen Rhein-Main-Donau-Kanal,
der hier bei Dietfurt in die mit einer Schleuse abgeschottete Altmühl
einmündet. Gleichzeitig münden von Norden her die Wissinger
und die Weiße Laaber, die mit einem neu gestalteten Mündungsverlauf
über kleine Kaskaden, Bachschleifen und kleine Stillwasser
den Kanal speisen. An der Wallfahrtskirche von Griesstetten vorbei
empfiehlt sich der südliche noch nicht ausgebaute Weg durch
die vielleicht später einmal gesperrte neu entstehende Biotop-
Landschaft. Der hier beginnende Ausbau der Altmühl zum ca 60m
breiten Kanal hat zu großen Diskussionen geführt, aber
man findet dafür jetzt durch die Begradigung entstandene Stillwasser,
Kanalarme und untereinander verbundene Lagunengewässer, die
durchaus schon wieder als Feuchtbiotope anzusehen sind bzw. sogar
neu angelegt wurden, um Flora und Fauna eine bessere Entwicklungsmöglichkeit
zu geben. Häufig gibt es sogar kleine künstliche Inselchen
in den Gewässern und aufgehäuftes Gestrüpp, damit
sich wieder Unterholz und damit Schutzdickicht für Kleintiere
jeder Art bilden kann. Natürlich sieht man auch eine Reihe
abgestorbener Uferbäume, die dem veränderten Wasserspiegel
zum Opfer fielen, oder es fliegt mal ein verunsicherter Graureiher
auf, wenn ein Frachtgut-Transporter vorbeigleitet, aber jedes Schiff,
das den Kanal nutzt, entlastet schließlich die Umwelt und
die schon übermäßig ausgelasteten Autobahnen.
Nach einer großen Schleife der Altmühl erreichen wir
Riedenburg mit seiner Rosenburg auf steilem Felssporn und einem
einzigartigen Kristallmuseum in dem man u.a. der Welt größte
Bergkristallgruppe und die einmaligen Nachbildungen fast aller bekannten
großen Diamanten und anderer besonderer Edelsteine mit der
Historie ihrer berühmten Besitzer bestaunen kann. Hier an der
Mündung des Schambaches in die Altmühl fällt wieder
die schöne Ufergestaltung des Kanals auf, die in einem kleinen
Teichsystem mit Brücken und Wegen dem Fußgänger
und dem Radfahrer gleichermaßen Bewegungsraum bietet. Hier
befindet sich am Oberlauf des Schambaches nahe des Ortes Pondorf
die sogenannte Bavariabuche, ein 900-jähriger Baum, der als
Symbol des Umweltschutzes in Deutschland dient. - Wir bleiben auf
dem Südufer der Altmühl, da sich am anderen Ufer der Weg
neben der Straße befindet. Es bietet sich der Blick auf das
Schloß Prunn und gegenüber an unserem Radweg steht ein
kleines Stiftskirchlein.
In Essing ist eine der neuen Brücken über die Altmühl
sehenswert, eine originelle Fußgängerbrücke als
hölzerne Hängekonstruktion vor der Kulisse der Burgruine
Randeck. Kurz vor der Mündung in die Donau dämmt die Schleuse
Kelheim mit ca. 8m Stauhöhe die Altmühl ab, bevor wir
Kelheim selbst erreichen und uns im Weißen Lamm gleich hinter
dem Westtor einquartieren. Nach Dusche und kurzer Ruhepause steigen
wir zur Befreiungshalle auf, einem König-Ludwig-Bau zum rühmenden
Gedächtnis an die Befreiungskriege gegen Napoleon. Sie steht
auf der strategisch günstigen Landzunge, auf der sich einst
das keltische Oppidum Alkimoennis befand, welches durch eine sogenannte
Keltenmauer zwischen dem Donauufer bei Weltenburg und der Altmühl
im Norden abgeriegelt war. Das erfahren wir im prähistorischen
Museum im Herzogskasten von Kelheim, wo sich u.a. auch Reste der
Römerkastelle der Umgebung befinden. Das Museum schließt
allerdings schon 16 Uhr. In der Schneider-Weiße-Brauerei beschließen
wir den Abend bei deftiger Grillhaxe und Weißbier. Der Rückweg
führt uns durch das romantisch erleuchtete Städtchen.
Wir werfen noch einen Blick durch das Altmühltor auf die halbkreisförmige
Fußgängerbrücke über den Kanal und über
allem leuchtet majestätisch die Befreiungshalle auf dem Frauenberg.
Der zu Ehren des Erbauers der Halle benannte Ludwigplatz mit dessen
Denkmal ist so originell beleuchtet, daß man über den
Effekt erstaunt ist, bevor man alle Lichtquellen geortet hat: Jeder
Hausgiebel ist von oben mit Halogenstrahlern beleuchtet, dazu sind
Lampen in den jungen kugeligen Straßenbäumen versteckt,
so daß das Laub der Bäumchen ein grünes schummriges
Licht reflektiert. Brunnen-, Denkmal- und Kirchenbeleuchtung tun
ihr übriges zu den einladend erleuchteten Wirtshaus- und Geschäftsfenstern.
Siebenter Tag: von Kelheim nach Abensberg und zurück ca.
60 km
Heute genügt kleines Gepäck, wir kommen zum Weißen
Lamm zurück. Eine Rundtour entlang der Donau und ins Niederbayrische
steht auf dem Programm. Zunächst führt uns der Weg an
der Schiffsanlegestelle vorbei am Donaunordufer zum Klösterle,
einer Felsenkirche mit der Einmaligkeit, daß der gewachsene
Fels das offene Kirchenschiff überdacht. Wir nähern uns
der Weltenburger Enge, dem Donaudurchbruch durch die Kalksteinfelsen,
an der die Donau auf eine Breite von 80 m zusammengedrückt
wird und auf beiden Seiten keine Passage am Flußufer zu Fuß
möglich ist. Wo der Weg zu Ende ist, fährt täglich
ein motorgetriebener Nachen, der uns mit den Fahrrädern die
drei Kilometer nach dem Kloster Weltenburg übersetzt. Übersteigt
man zu Fuß die Klippe an der Enge, so überquert man den
bereits erwähnten Keltenwall, der eindrucksvoll in der Landschaft
zu erkennen ist. Das Kloster, das bereits seit dem Jahre 600 existiert,
die Asam-Klosterkirche im reichen Barock, der Biergarten der ältesten
Klosterbrauerei der Welt (!), die seit 1050 ununterbrochen deftiges
Schwarzbier braut und die archäologischen Grabungen auf dem
Frauenberg hinter dem Kloster, wo u.a. der Wolfgangswall, ein etwa
fünf Meter hoher Erdwall zu besichtigen ist, sind die interessantesten
Sehenswürdigkeiten dieser Gegend. Auf der anderen Seite der
Donau endet der rätische Limes und geht hier in den sogenannten
"nassen Limes", die Donau, über, markiert durch die
Hadrianssäule. Dahin kann man sich in Weltenburg übersetzten
lassen. In Eining wechseln wir wieder das Ufer und erreichen das
strategisch wichtige Römerkastell Abusina, in dem man die Reste
eines ersten großen und eines spätantiken kleineren,
aber dafür stärker befestigten Kastells besichtigen kann.
Die Anlage weist Reste einer Thermenanlage mit hypocaustum auf,
das hier als eine kombinierte Fußboden- und Wandheizung ausgeführt
war. Eine mansio- eine Poststation mit Rasthaus- ist zu erkennen
und eindrucksvoll erklärt. Wir wenden uns aus dem Donautal
heraus dem Abenstal zu, das wir in Bad Gögging mit seinem Bäderviertel
um die Limes-Therme herum erreichen. Von hier fahren wir den lieblichen
Abens-Radweg entlang nach Abensberg, nehmen hier ein Mittagessen
ein und wählen den Weg zum romanischen Doppelkloster Biburg.
Der Rückweg von Biburg führt auf einem Radweg im diskreten
Abstand zur Bundesstraße 16 durch eine sanfte Hügellandschaft
zurück über Saal nach Kelheim.
Achter Tag: von Kelheim nach Bad Gögging und zurück ca
40 km
Eine Entspannungspause haben wir uns verdient und fahren heute nach
einem kurzen Besuch des sehenswerten prähistorischen Museums
mit leichtem Badegepäck die Fahrstraße von Kelheim aufwärts
Richtung Weltenburg, um in Bad Gögging dem Thermalbad "Limestherme"
einen Besuch abzustatten. Für zweieinhalb Stunden oder länger
wässern wir uns im warmen Thermalwasser an Massagedüsen,
in Whirlpools in der Halle oder im Freien, um eventuell verspannte
Muskulaturen zu lockern, schwimmen im temperierten Bewegungsbecken,
ruhen ab, um uns danach im irisch-römischen Dampfbad zu entschlacken
und wieder im Ruhesessel Platz zu nehmen. Wer das Bräunungsstudio
besuchen will, kann auch dieses ausgiebig tun. Das Tagesgericht
der Badgaststätte ist preiswert und gut, und anschließend
kann man in gemütlicher Atmosphäre noch in einem Boulevardcaf
des neuerbauten Kurviertels seinen Kaffee einnehmen oder "Bei
Fritz" gleich neben dem Bad einkehren, um anschließend
auf der gleichen gemütlichen Tour wieder Kelheim zuzusteuern.
Neunter Tag: von Kelheim nach Regensburg Hinfahrt ca. 40 / 50km
Als Vorschlag für einen weiteren Tag von Kelheim aus können
wir die Donauschleifen abwärts nach Regensburg fahren, wo sich
ein Stadtbummel anschließt, der uns die Schönheit und
die Historie der einstigen Freien Reichsstadt mit dem Dom, den Resten
des einstigen Legionskastells "castra regina" und dem
Thurn-und-Taxis-Schloß mit der Klosterkirche St. Emmeram und
vielen anderen Sehenswürdigkeiten lebendig werden läßt.
Zehn Kilometer donauabwärts kann sich ein Abstecher zur Walhalla,
eines Denkmals aus der Zeit König Ludwigs anschließen,
der uns eindrucksvoll (neu-) griechische Architektur vor Augen führt.
Der Rückweg kann auf dem nördlichen bzw. westlichen Donauufer
über Sinzing erfolgen, wo man eine hübsche Pension zur
Zwischenübernachtung findet oder man wählt Bahn oder Schiff,
wenn man schon zu viele Kilometer in den Beinen hat.
Zehnter Tag: von Kelheim nach Berching 59 km
Heute verabschieden wir uns von Kelheim, dem einstigen Herzogssitz
der Wittelsbacher und wenden uns dem Radweg auf dem gegenüberliegenden
Ufer zu, der uns zunächst am Nordufer zurück zum Schulerloch
führt, einer Höhle, die mit prähistorischen Funden
von Neandertalern aufwarten kann und somit das Altmühltal als
eine der ältesten Siedlungsgegenden Deutschlands kennzeichnet.
Zügig fahren wir jetzt, nur durch kleinere Rasten unterbrochen,
die wir immer so etwa nach 10 km einlegen, durch Riedenburg nach
Beilngries zurück, immer am Nordufer der Altmühl entlang.
Hinter Dietfurt wählen wir aber jetzt den Radweg am Kunstbau
des Kanals entlang, verlassen also die Altmühl, um den jüngsten
Teil des Kanalbaus zu befahren. Hier ist es teilweise noch eintönig
und wenig bewachsen, weil die Kanalböschungen gerade erst zarten
Bewuchs nach den Bauarbeiten aufweisen. In Beilngries, das wir jetzt
auf der Rückfahrt auf ganz anderer Strecke erreichen, essen
wir an der neu angelegten Schiffsanlegestelle im flachen Restaurantpavillion
zu Mittag und setzen die Fahrt gestärkt Richtung Norden fort.
Wir folgen jetzt dem Flußbett der Sulz, das für den Kanal
erweitert wurde, ähnlich dem Altmühltal, nur mit dem Unterschied,
daß wir hier bald auf die Zeitzeugen des Kanalvorgängers,
des Ludwig-Donau-Main-Kanals treffen. Dieser Kanal zog sich seit
der Mitte des vorigen Jahrhunderts am östlichen Flußhang
der Sulz entlang, entsprach natürlich nicht mehr den heutigen
Anforderungen mit seinen ca. 17 m Breite und 4,5 m breiten Schleusen
und wurde deshalb auch durch den neuen Kanal ersetzt. Etwa ab Plankstetten,
wo sich am Westhang des Sulzbachtals die altehrwürdige Benediktinerabtei
erhebt, ist der Ludwig-Kanal noch erhalten und auf alten Treidelwegen
erlebbar. In Berching, einem sehr hübschen mittelalterlichen
Städtchen mit erhaltener Stadtmauer, vielen Türmen und
einem Kloster steigen wir in einem der reichlich vorhandenen Gasthöfe
ab und schlafen in gediegenen neueingerichteten Zimmern der preiswerten
Spitzenklasse.
Elfter Tag: von Berching nach Wendelstein 59 km
Wir folgen nach dem reichhaltigen Frühstück dem Ludwig-Kanal
mit seinen erhaltenen Schleusen und gepflegten Ufern noch bis Mühlhausen
und wenden uns westwärts weg vom Ludwig-Kanal dem neuen Kanal
zu und umfahren den Dürrlohspeicher, der den neuen Rhein-Main-Donau-Kanal
in der Scheitelhaltung unterstützen soll. Die Schleuse Bachhausen
des RMD mit einer Hubhöhe von 24,7 m sperrt nämlich den
ca. 15 km langen Scheitelbereich Richtung Donau ab. Hier "oben"
radelt man durch eine ruhige idyllische Gegend, denn die Betriebswege
des Kanals sind auf beiden Seiten die einzigen Verkehrsträger
und nur für Fahrräder erlaubt. Der Scheitelpunkt, d.h.
die europäische Wasserscheide ist durch eine Granitstein-Schneide
auf beiden Seiten des Kanals markiert. Die Schleuse Hilpoltstein
auf der Rheinseite setzt den Hubhöhen der Sparschleusenanlagen
noch eins drauf und läßt die Transportkähne um über
30 Meter absenken. Der Abstieg des Kanals ist steiler, und an der
kurz darauf folgenden Schleuse Eckersmühlen verlassen wir den
Kanal, um uns am Rothstausee eine verdiente Pause im Kiosk am Badeplatz
des Vorbeckens zu gönnen. Der eigentliche Stausee ist in seinen
Uferzonen abgesperrt und beispielgebend mit Neuanlagen von Uferfeucht-Biotopen
ausgestattet. Das neu angelegte Rothstausystem soll die Wasserhaltung
des Kanals unterstützen und ist gleichzeitig mit dem bereits
erwähnten Altmühlüberleiter des Brombachsees verbunden.
Der rote Georgenkreuzweg, bzw. Der Radweg "Richtung Ludwigkanal"
führt uns jetzt über Land und durch schöne Kiefernwälder
nach Wendelstein, an den Ausgangspunkt unserer Fahrt, wo wir wieder
bei Café Enßer unser Quartier beziehen. Am alten Treidelweg
des Ludwig-Kanals geht es morgen nach Nürnberg zurück.
Zwölfter Tag: von Wendelstein nach Nürnberg 15 km
Die Rückfahrt nach Nürnberg erfolgt am westlichen Ufer
des Ludwigkanals entlang Richtung Zentrum Nürnberg. Der Kanal
ist hier bis zur Stadtgrenze mit Schleusen und noch bewohnten Schleusenwärterhäuschen
von 1870 erhalten geblieben, und führt uns durch Parks und
eine auf dem Kanal ausgebaute Chaussee bis zum Frauentorgraben in
Bahnhofsnähe. Wir haben den Rhythmus der Großstadt schon
wieder im Blut, haben aber ein Stück sanften Tourismus geübt
und zehren noch nachhaltig von den vielen Natureindrücken abseits
der Schlagadern der modernen Gesellschaft. In Nürnberg bleiben
noch ein paar Stunden Zeit für einen Übersichtsbesuch
im Germanischen Nationalmuseum, einen Gang durch die Carolinenstraße
zum neuen Brunnen "Das Ehekarussell" oder in das Terrain
der Reichsburg. Am Nachmittag laden wir unsere Räder in den
Interregio und fahren heimwärts.
Gerald Hummel, Chemnitz, 1995
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