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» Entlang der Weserquellflüsse
Erster Tag: von Suhl nach Themar 25km
Um die Tour als Rundtour zu gestalten, beginnen wir am besten im
oberen Werratal allerdings von Suhl aus, weil wir hier günstigen
Bahnanschluß und die schöne Abfahrt ins Werratal vor
uns haben. Außerdem hat die Bahnfahrt von Erfurt nach Suhl
einige Reize zu bieten: erstens sehen wir vom Zug aus die attraktive
Wachsenburg, die erhaltene Burg der "Drei Gleichen", fahren
durch Arnstadt, das älteste Städtchen Ostdeutschlands,
dessen Gründungsurkunde im Jahr 704 datiert ist und passieren
kurz vor Zella-Mehlis den berühmten Brandleitetunnel, der beim
Wintersportort Oberhof den Kamm des Thüringer Waldes und damit
den Rennsteig unterquert. Hinab in das enge Tal des Flüßchens
Lauter erreichen wir die idyllisch gelegene Stadt Suhl, von deren
Bahnhof aus wir die Räder noch etwas schieben, um uns in Richtung
Markt die etwas anderen Neubauten aus der DDR-Zeit anzusehen, die
zu einem recht gemütlichen Neubauviertel zusammengewachsen
sind. Das Waffenmuseum im ehemaligen Malzhaus am Herrenteich, zwei
barocke Kirchen, ein alter rekonstruierter Fachwerkhof am Steinweg
- das sind die Sehenswürdigkeiten, bevor wir uns dann schließlich
doch an den Aufstieg zur Friedbergsiedlung wagen, der uns leider
nicht erspart bleibt, wenn wir Richtung Schleusingen in das Werratal
abfahren wollen. Die dicht befahrene B247 fahren wir mit besonderer
Vorsicht abwärts, und können in Schleusingen die hoch
oben thronende Bertholdsburg der Henneberger mit ihrem Heimat- und
Puppenmuseum und einer reichen Bibliothek besuchen. In der Ägidienkapelle
an der Stadtkirche finden wir die Erbbegräbnisstelle der Henneberger.
Mit geringerem Gefälle radeln wir dann das Schleusetal auf
Kloster Veßra zu, das das Hauskloster der Henneberger ist.
Als sehenswerte museale Ruine erhalten geblieben und mit ihrer Vielzahl
an erhaltenen, rekonstruierten bzw. erkennbaren Gebäuden und
Gärten, ist es einen ausgiebigen Besuch wert. Im Klostercafé
gibt es unter anderem ein gutes Schwarzbier, das wir durchaus probieren
können, denn wir sind im Werratal und haben in Themar gleich
darauf unser heutiges Etappenziel erreicht und keine Steigung mehr
zu befürchten. Themar bietet uns einen gut erhaltenen mittelalterlichen
Charakter mit Stadtmauer, schönen Fachwerkhäusern und
mittelalterlichem Straßenpflaster! Nach 25 km am heutigen
ersten Tag mit den vielen Eindrücken können wir durchaus
schon hier in einer kleineren Pension Quartier beziehen, um dann
morgen eine größere Tour angehen zu können.
Zweiter Tag: von Themar nach Gersfeld 75 km
Nach dem Frühstück verlassen wir Themar werraabwärts,
passieren dicht hinter Themar an einer ehemaligen Zollstation die
hildburghausen-meiningensche Grenze, sehen in Leutersdorf und Wachdorf
alte Kirchenburganlagen bevor wir in Untermaßfeld kurz vor
Meiningen das Werratal verlassen und im Sülzetal die Stammburg
der Henneberger erreichen. Das letzte Stück müssen wir
zu Fuß gehen, da die im ehemaligen Grenzgebiet der innerdeutschen
Grenze liegende Burg erst seit der Wende erschlossen und erforscht
wird. Über Hermannsfeld und Völkershausen kommen wir hinunter
nach Ostheim vor der Rhön, einem schönen altertümlichen
Ort mit einer gut erhaltenen Kirchenburg. Weiter durch den Naturpark
Bayerische Rhön gibt es jetzt ab Nordheim zwei Möglichkeiten,
das heutige Etappenziel Gersfeld an der Fulda zu erreichen. Wer
gute Kondition besitzt, sollte den Anstieg zur Rhönhochstraße
über Fladungen nicht scheuen (über 4km 10% Steigung !),
denn erstens lockt die Restauration "Sennhütte" am
Ende der Steigung zur Rast und zweitens wird man mit einem schönen
Rundblick aus der Kammvegetationszone der Hochrhön belohnt.
Nach der 5km-Abfahrt nach Wüstensachsen muß man wieder
um 250 Höhenmeter aufwärts und kann außerdem den
"kleinen" Restanstieg zur Wasserkuppe (200 Höhenmeter
auf 950 m über NN) und zur Fuldaquelle noch anhängen,
bevor man in rasanter Fahrt den im Tal liegenden hübschen bereits
hessischen Ort Gersfeld erreicht, wo man in der Jugendherberge absteigen
kann, aber auch in der Café-Pension eine preiswerte Unterkunft
findet. Der bequemere Weg führt von Nordheim über den
Kurort Bischofsheim mit nur etwa 100 m Höhenunterschieden nach
Gersfeld.
Dritter Tag: von Gersfeld nach Schlitz 48 km
Da wir nun das hessische Fuldatal erreicht haben, geht es jetzt
sanft flußabwärts immer am Nordufer entlang. In den Landschaftsschutzgebieten
der Fulda-Auen steht der Graureiher, der sich auch durch den Autolärm
der A7 nicht stören läßt. In Fulda selbst, der hessichen
Barockstadt, besticht vor allem der Dom mit seinem makellos weißen
Inneren, aber auch die romanisch ottonische Doppelkapelle von St.Michael
mit der karolingischen Krypta hat wertvolle architektonische Details
zu bieten. Schloßpark und Innenstadt sind ebenfalls sehenswert,
wobei besonders ersterer zu einer Ruhepause einlädt. Nach Mittag
bleiben wir bis kurz vor Schlitz auf dem rechten Ufer, wechseln
in Üllershausen das Ufer, um von hier gleich vom Schloß
Hallenberg nach Schlitz aufzusteigen, das gut erhaltene Burgenstädtchen
aufzusuchen und Quartier vielleicht im "Auerhahn" unterm
Dach zu beziehen - da man von hier gute Aussicht auf die Burg hat.
Nach einer Erfrischung und Ruhepause haben wir wieder Kraft, die
Burganlagen (täglich 15 und 17.00 Uhr Glockenspiel) und die
evangelische Margarethenkirche zu besichtigen und noch einen Radabstecher
nach Fraurombach auf der anderen Fuldaseite zu unternehmen, wo wir
eine alte Wallfahrtskirche des 743 gegründeten Klosters mit
gut erhaltenen Fresken der Heraklioslegende finden. Oberhalb der
Kirche kreuzt die ICE-Neubaustrecke im kühnen Brückenbauwerk
das Rombachtal.
Vierter Tag : von Schlitz nach Bad Hersfeld 44 km
Ruhige Nebenstraßen und Radwege führen durch die stillen
Flußauen der Fulda zunächst nach Solms. Der Ort hat wohl
erst Bedeutung erlangt, weil hier eine der längsten Brücken
der ICE-Neubaustrecke Hannover-Würzburg entstanden ist. Für
Technikfans ist sie doch mal einen Abstecher wert. Man kann auf
dem südlichen Brückenkopf bis dicht an die nächste
Tunneleinfahrt herangelangen und einmal einen ICE in voller Fahrt
vorbeigleiten sehen und hören, wenn er aus der gegenüberliegenden
Tunnelöffnung erscheint, die etwa einen Kilometer lange Brücke
überfährt und in unmittelbarer Nähe vorbei wieder
im Tunnel verschwindet. Das Fahrgeräusch ist für ein paar
Sekunden als ein stärkeres Rauschen zu vernehmen, bevor es
wieder im Berg verschwindet. Die talaufwärts kreuzende Autobahn
und die am anderen Ufer verlaufende Fernverkehrsstraße sind
um ein Vielfaches lauter und belastender durch das starke Dauergeräusch
der Fahrzeuge. Vielleicht ist es doch eine zwar kostspielige aber
umweltfreundliche Investition gewesen! - In Bad Hersfeld kann man
auf der Höhe die Jugendherberge zum Quartier nehmen, die ja
hier in Hessen anders als in Bayern auch erwachsenen Besuchern und
besonders Wander- und Radfreunden offen steht. Die Stadt Hersfeld
ist wieder ein Balsam für die Seele mit ihrem weiten Klosterpark
um die Stiftskirchenruine und die gemütliche Innenstadt.
Fünfter Tag: von Bad Hersfeld nach Melsungen 63 km
Bis Bebra haben wir jetzt erst einmal Bundesstraße mit
teilweise Radwegen. Hier können wir das Eisenbahnmuseum besuchen
und später in Rotenburg das Flußufer wieder wechseln,
um das ruhigere linke Ufer entlangzufahren, oder unter Umgehung
Bebras gleich auf dem linken Ufer Rotenburg ansteuern. Ein Renaissanceschloß,
eine historische Schleuse von 1601, als die Fulda noch einen höheren
Wasserstand hatte und ein hübsches Stadtinneres mit Rathaus
und lieblichem Glockenspiel, das uns zur Mittagszeit erfreut, bietet
uns das schöne Fuldastädtchen. In Niederellenbach empfielt
es sich, das Flußufer zu wechseln, um der Domäne Heydau
in Altmorschen einen Besuch abzustatten. Es handelt sich um ein
ehemaliges Zisterzienserinnenkloster, das gerade von der Landwirtschaft
freigegeben und von Archäologen untersucht wird, mit einem
sehenswerten gotischen Kreuzgang mit Fachwerküberbauung. Vielleicht
ist es gegenwärtig schon wieder in alter Herrlichkeit zu besichtigen.
In Morschen führt der Radweg wieder auf dem linken Ufer durch
eine neue ICE-Brücke und durch ruhige Auenlandschaft nach Melsungen,
unserem heutigen Ziel. Die Jugendherberge liegt wieder in luftiger
Höhe, aber es gibt auch hübsche Pensionen in der malerischen
Innenstadt. Überhaupt zeigt sich hier in selten so reiner Form
und Vollkommenheit der hessische Fachwerkstil mit "Wildem Mann"
und "Wilder Frau" in den Fachwerkkonstruktionen. Besonders
das Rathaus sollte man von einem ruhigen Boulevardcafé des
Marktes aus betrachten und im Abendsonnenschein, wenn der Verkehr
nachläßt, auf sich wirken lassen. Über die Bartenwetzerbrücke,
deren Name an einer Plastik erklärt steht, erreichen wir wieder
unser Jugendherbergsquartier.
Sechster Tag: von Melsungen nach Kassel 30 km
Heute rüsten wir zur Kurztour nach Kassel. Über die
Bartenwetzerbrücke fahren wir durch die Parkanlage das zunächst
stille Flußtal abwärts. Auf Kassel zu wird der Verkehrslärm
von Autobahn, Eisenbahn und Straßen dominant. Trotzdem steht
der Graureiher unbeeindruckt in der landschaftsgeschützten
Flußau. In Guxhagen an der Edermündung treffen wir auf
eine Klosteranlage, die wohl die seltsamste Entwicklung als solche
hinter sich hat. Das Kloster Breitenau, genauer gesagt die dazugehörige
romanische Klosterkirche wurde seit der Reformation den verschiedenartigsten
Nutzungen unterworfen: von der Verwahrungsanstalt, über ein
Konzentrationslager, Mädchenerziehungsheim zur psychiatrischen
Anstalt unserer Tage. Als dafür notwendiger Umbau wurde das
romanische Mittelschiff in ein dreistöckiges Gebäude umgewandelt
und mit Zimmern versehen. Die zwei Seitenschiffe wurden abgebrochen.
Nur das Querschiff und der Chorraum konnten als sakrale Einrichtung
bis heute weitergenutzt werden. Es scheint, hier hat sich wieder
einmal preußisches "Kunstverständnis" mit friederizianischem
Militärgeist gepaart! Weiter geht es die immer noch lieblichen
Flußauen durch die Karlsaue hinein nach Kassel, dessen Zentrum
wir an der riesigen "Spitzhacke" - einem Symbol der hier
stattfindenden documenta - Kunstausstellung erreichen. Wir machen
Quartier im Kasseler Jugendgästehaus und besuchen mit dem Rad
die Wilhelmshöher Allee entlang, vorbei am neuen ICE-Bahnhof
"Wilhelmshöhe" die riesige zum Herkulesdenkmal aufstrebende
Parkanlage Wilhelmshöhe. Der Höhenunterschied von 236
m bis ganz hinauf entscheidet schließlich darüber, daß
wir die Fahrräder im Habichtswald am Fuße des Berges
abstellen und entsprechend Lust und Laune soweit zu Fuß gehen,
wie es uns sinnvoll erscheint, denn spätestens an der künstlichen
Ruine der Löwenburg reicht uns eventuell die Spiellaune des
Hohenzollern-Kaisers, der hier in seiner Sommerresidenz bereits
"Disneyland" aus der Taufe hob. Die Innenstadt überrascht
uns mit ebenso gewöhnungsbedürftigen Schöpfungen
am Königsplatz und Friedrichsplatz, einem der größten
deutschen Plätze überhaupt. - Das neuerbaute Arbeitsamt
scheint auch das größte von Deutschland zu sein!
Siebenter Tag: von Kassel nach Helmarshausen 65 km
Wir beeilen uns heute, die ruhige Flußaue aus dem nervenden
Stadtgetümmel heraus zu erreichen, um wieder freier atmen zu
können. Unter einer weiteren ICE-Brücke fahren wir enge
Flußschleifen auf guten Radwegen entlang bis nach Hannoversch-Münden,
wo der Lauf der Fulda sich mit der Werra vereinend zunächst
endet und als Weser nun weiter der Nordsee zutreibt. Hier sind das
Welfenschloß, die gesamte erhaltene Maueranlage mit ihren
Türmen und die gesamte Fachwerkinnenstadt ebenso sehenswert,
wie die Flußaue an der Geburtsstelle der Weser und die Tilly-Schanze
mit Aussichtsturm auf der Höhe am andern Ufer. Und weiter geht
es jetzt am rechten Ufer der Weser bis ganz unerwartet ein romanisches
Kirchlein auftaucht, das sich als die rein romanische Klosterkirche
Bursfelde erweist, ein für die katholische Kirche wichtiger
Ort, an dem die Bursfelder Reform-Kongregation von 1450 beschloß,
wieder enger der Benediktinerregel zu folgen. Weserabwärts
erreichen wir kurz vor der Flußschleife bei Bodenfeld in Wahlsberg
die romanische Klosterkirche Lippoldsberg, eine gut erhaltene dreischiffige
Basilika. Das ehemalige Benediktinerinnenkloster, dessen letzte
Äbtissin sich ebenfalls der strengen Bursfelder Kongregation
anschloß, wurde nach der Reformation ebenfalls aufgelöst.
In Wahmbeck überqueren wir den Fluß, um zur Jugendherberge
Helmarshausen aufzusteigen- auch diese Herberge liegt wieder auf
der Höhe! Wir sehen von hier die Krukenburg liegen, der wir
nach einer Dusch- und Ruhepause noch einen abendlichen Besuch abstatten.
Die stattliche Ruine war einst die Schutzburg für die im Tale
liegende Benediktinerabtei Helmarshausen, in der einst das berühmte
Evangeliar Heinrich des Löwen entstand. Ein Faksimile der wohl
wertvollsten Buchschöpfung des norddeutschen Raumes kann in
der Dorfkirche bewundert werden.
Achter Tag: von Helmarshausen nach Uslar 72 km
Heute wollen wir noch ein Stück weserabwärts fahren,
um einem bedeutenden kulturhistorischen Denkmal einen Besuch abzustatten,
nämlich der karolingischen Reichsabtei Corvey. Wir radeln auf
guten Radwegen und wenig belebten Straßen ruhig die Weser
abwärts, von Bad Karlshafen wieder auf dem rechten Ufer, am
Atomkraftwerk Würgassen vorbei, das friedlich in der Weserschleife
vor sich hinstrahlt, Richtung Höxter. Kurz davor bewundern
wir unter riesigen Kastanien hervor das malerisch über der
Weser liegende Panorama des Städtchens während eines Picknicks.
Die Stadt selbst ist in der Nähe ebenso sehenswert und man
verläßt sie ungern in Richtung Corvey, wo uns neben der
Klosterkirche ein riesiges Renaissance-Schloß empfängt.
Wir beschränken uns auf die umgebaute Abteikirche, deren Eingangshalle
in die ehemalige Krypta gebaut wurde und darüber sich die karolingische
Doppelkapelle befindet. Das sonstige Kircheninnere ist barock umgestaltet
und auf dem Friedhof ruht Hoffmann von Fallersleben, der hier einst
als Klosterbibliothekar das Lied der Deutschen schrieb.- Der Aufstieg
nach Neuhaus im Solling ist über 16 km um 300 Höhenmeter
stetig, aber ertretbar. Wir wollen das Werratal rückwärts
erreichen, aber nicht nochmal die Weser zurückfahren, deshalb
der Abstecher über das Wesergebirge. Neuhaus ist ein ansprechender
Höhenluftkurort und auf einer schönen Höhenstraße
erreichen wir Uslar mit seiner schön gelegenen Neubau-Jugendherberge.
Neunter Tag: von Uslar nach Ludwigstein 62 km
Heute fahren wir das Schwülmetal aufwärts nach Adelebsen.
Hier gibt es eine Burgruine im Weser-Renaissancestil. Über
Dransfeld steigen wir wieder etwas auf zum 506 m über NN gelegenen
Hohen Hagen mit dem Gaußturm, von dessen Plattform man eine
weite Fernsicht über das hessische Bergland und ins Thüringische
genießen kann. Die Abfahrt in das Werratal nach Blickershausen
ist sehr steil und man muß schon tüchtig bremsen, um
sich nicht selbst zu gefährden. Bis Witzenhausen gibt es wieder
einen ruhigen Radweg und wieder den unvermeidlichen Anstieg zur
Jugendherberge auf dem Ludwigstein, eine Burganlage mit guter Sicht
besonders zur nahen Burgruine Hanstein im ehemaligen Grenzgebiet
der innerdeutschen Grenze.
Zehnter Tag: von Ludwigstein nach Eisenach 92 km
Um die dicht befahrene Staße nach Bad Sooden zu umgehen,
wählen wir heute am Fuße der Burg Ludwigstein das andere
Werraufer. Der Weg, der zuerst ein asphaltierter Fahrweg ist, wird
immer enger und unbefahrener, weil man sich dem Grenzstück
der ehemaligen Zonengrenze am Werraufer nähert. Dieses Stück
deutscher Geschichte wird in dieser gegenwärtigen Form nicht
mehr allzu lange bestehen bleiben, denn zur Zeit der hier beschriebenen
Tour mußte an dieser Stelle noch der Streckmetallzaun der
Grenzbefestigung "durchstiegen" werden. Nach etwa 200
Metern erreicht man wieder eine gute und ruhige Straße nach
dem Kurbad Bad Sooden. In Eschwege lohnt es sich, eine Pause in
der Innenstadt einzulegen, um die schöne Fachwerkarchitektur
oder die herzogliche Schloßanlage zu betrachten. Über
Wanfried und Großburschla erreicht man in Treffurt thüringisches
Gebiet. Hier ist die verfallene Burgruine Normannstein dominierend.
Die etwas ausladenden Werraschleifen entlang erreichen wir Creuzburg
mit einer der ältesten erhaltenen Steinbrücken in Deutschland
und der gotischen Liboriuskapelle unterhalb einer romanischen Burganlage.
Der hohe Verfallszustand der Burgen in diesem Werraabschnitt ist
natürlich auf die Lage im damaligen Grenzgebiet zurückzuführen,
dessen Wunden wohl noch einige Jahrzehnte sichtbar bleiben werden.
Eine Verkürzung der heutigen langen Abschlußtour um ca.
15 km erzielt man, wenn man von Großburschla über den
Heldrastein und Schnellmannshausen nach Creuzburg fährt und
Treffurt und die Werraschleifen ausläßt. Werraaufwärts
erreichen wir von Creuzburg aus die neuerrichtete Autobahnbrücke
der A4 und nach deren Unterquerung die Hörselmündung in
die Werra. Hier an dieser Stelle, nämlich am südlichen
Werraufer, stoßen wir auf den Anfangspunkt des thüringischen
Rennsteigs, der von hier, dem Orte Hörschel aus, seinen Lauf
über den Kamm des Thüringer Waldes bis zur Saale beginnt.
Wir verlassen das Werratal, um auf gut ausgebauter Straße
unserem Ziel Eisenach zuzusteuern. Die Wartburgstadt ist wieder
sehenswert, ebenso die romanische Burganlage und das nahegelegene
Burschenschaftsdenkmal. Um dies alles erleben zu können, müßte
man aber noch ein, zwei Tage hier verweilen. Die Eisenbahn bringt
uns im gemütlichen Interregio nach erlebnisreichen Tagen mit
unseren Fahrrädern wieder in den Heimatort zurück.
Gerald Hummel, Chemnitz, 1993
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